Ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass die meisten Häuser weiße Fassaden haben? Woran mag das liegen? Gibt es Vorteile durch die Präferenz weißer Häuser? Oder warum sieht man so gut wie nie ein schwarzes Haus? Jedenfalls ist ein Dorf mit derart bunten Häusern, wie man sie aus Bildern aus Skandinavien oder auch Nordamerika (zumindest im Mittelwesten der USA und Kanada, wo, vielleicht in dem Zusammenhang von Bedeutung, viele Nachfahren von Einwanderern aus Schweden und Norwegen leben) kennt, bei uns nicht zu finden. Farbe transportiert Emotion und kann die Qualität der Immobilie erhöhen und somit den Preis beim Kauf Häuser steigern. Es heißt, Rot würde Aggressionen begünstigen. In Schweden hilft wohl ein rotes Landhaus, leichter im Schneetreiben des langen Winters gefunden zu werden. Ein praktischer Aspekt, der nichts mit Aggression zu tun hat. Was tut dagegen die weiße Farbe, außer im Schnee zu verstecken? Sie ist vor allem neutral und langweilig, könnte man meinen. Andere würden sagen, sie steht für Reinheit und Sauberkeit. Etwas, was Deutsche wohl eher anspricht.
Genehmigungspflichtige Hausfarben
Dabei können es ganz banale Gründe sein, wenn man nichts als weiße Häuser in den Straßen sieht. Es gibt Gemeinden, die in ihren Bebauungsplänen die Fassadengestaltung vorschreiben, bis hin zur Frage, welche Wandfarbe dafür verwendet werden darf. Das ist dann bindend für die Anwohner, wer sich quer stellt und eine beliebige andere Farbe wählt, könnte sich den Zorn des Ordnungsamtes oder des Bauamtes zuziehen und dazu verdonnert werden, seine Fassade umzugestalten. Es ist unbekannt, wie weit solche Rechtsstreite gehen würden. Ob ein Delinquent gegen seinen Willen, aber auf seine Kosten dann von einem Malertrupp, dem ihm die Gemeinde auf den Hals schickt, das Haus umgetüncht bekommt? Sie probieren es besser nicht aus.
Die Bürokratie ist hartnäckig und vor allem ausdauernd. Besser ist es, gar nicht erst in eine solche Gegend zu ziehen. Aber auch anderswo kann einen dann Baugesetzbuch § 34 einholen, in welchem es heißt, ein Gebäude hätte sich “in die Eigenart der näheren Umgebung einzufügen”, womit die Fassadenfarbe gemeint sein kann. Die Umgebung kann ja dann noch sehr verschieden aussehen. Von Gewerbegebiet über Ortskern zu Neubaugebiet – überall sieht es anders aus mit der “Umgebung”. Dann gibt es nochmal einen anderen Stapel Vorschriften für denkmalgeschützte Häuser und Ensembles von Häusergruppen.
Am Anfang war Kalkfarbe für weiße Häuser
Historisch ist die Präferenz der Farbe Weiß für Häuser leicht zu erklären. Früher wurde fast immer mit Kalk gearbeitet, wenn nicht schon im Putz, dann doch wenigstens für die Oberflächenversiegelung, den Schlussanstrich – und Kalk ist nun einmal weiß. Dies galt für Bauernhäuser der meisten Regionen Deutschlands und zeitigte über die Zeit durch Gewohnheitsrecht eine Norm, dass es weiße Häuser sein müssten.
Dessen ungeachtet gibt es auch abweichende regionale Stile, was die Fassadengestaltung angeht, die sich mit Weiß nicht vereinen lassen. Denken Sie an die Backsteinhäuser in Norddeutschland oder schieferverkleidete Fassaden in Thüringen. Die sind alles andere als weiß, nämlich braun bis rotbraun, bzw. anthrazit-grau, was den Materialien geschuldet ist. Und plötzlich hat niemand etwas dagegen, da es ja wiederum regional etablierte Tradition ist. Die hat dann hoffentlich ihren Platz in der Landesbauordnung, die steht nämlich neben derjenigen der untergeordneten Gemeinde auch noch im Raume, um rebellischen Fassadentünchern das Leben schwer zu machen.
Ist sie gut, schützt sie jedoch solche traditionellen Bauweisen (hoffentlich), statt sie einer ortsfremden Gleichmacherei zu opfern. Vielleicht denken Sie bei weißen Fassaden auch an die vorherrschende Gestaltung in südländischen Gefilden, im Mittelmeerraum und auch in Nordafrika. Das hat dann damit zu tun, dass Weiß mehr als andere Farben das Sonnenlicht reflektiert, was einer Aufheizung von Innenräumen bei direkter Bestrahlung entgegenarbeitet. Wohl nie vollständig, aber immerhin. Dieser Grund spielt bislang keine Rolle in Deutschland, aber womöglich ändert sich das noch mit Klimaerwärmung und Klimawandel?
Die Zukunft sieht weiß aus
Zum Thema weiße Häuser kommen zuletzt noch Hightech-Produkte hinzu, die mit der Farbe zu tun haben können. Angereichert mit Nanopartikeln wird aus einfachem Weiß das ultimative Weiß als Beitrag zur Kühlung eines Gebäudes, von dem es heißt, es wirke so gut wie eine Klimaanlage. Die Rede ist von den Forschern um Professor Xiulin Rua an der Purdue University, Lafayette, Indiana. Die von ihnen entwickelte Fassadenfarbe bewirkt eine Verringerung der dort gemessenen Temperatur um 4,5 Grad Celsius in direkter Mittagssonne.
Die effektive Kühlleistung der damit gestrichenen weiße Häuser soll 117 Watt pro Quadratmeter betragen und ist damit Weltrekord. Wenn die Technologie es in die weite Verbreitung schafft, könnte sie in einigen Jahren eine Rolle im Wohnungsbau und in der Sanierung in Europa spielen, denn wenn sich Klimaanlagen einsparen lassen, weil die Fassade bereits die Kühlung übernimmt, ist das ein Beitrag zur Energieeinsparung. Die Fassadenfarbe von Purdue University hat einen Wirkungsgrad von 98,1 % Lichtreflexion, was ebenfalls einzigartig auf der Welt sein soll. Zufrieden war man dort erst nach dem Wechsel von Kalziumkarbonat zu Bariumsulfat als Grundmaterial für dieses phänomenale Weiß. Bislang ist jedoch dieses neue Nanopartikel-Material mit dem Manko behaftet, dass der Abrieb größer ist als bei Standardfassadenfarben.
Zusammenfassung der Gründe für weiße Fassadenfarbe
Häuser sind oft wegen geltender Bauvorschriften mit der Farbe weiß gestrichen. Technisch könnte die Farbe weiß dazu beitragen, weniger Klimaanlagen nötig zu machen und damit Strom zu sparen, wenn sich die Nanopartikel-Technologie weiter verbessert und verbreitet.
Andere Neuerungen auf diesem Gebiet, wie Fassadenanstriche mit Leichtschaumanteil aus Kieselsäure, die gepriesen werden für ihre Wärmedämmungseigenschaften (Aerogel), sind hier nicht zu berücksichtigen, da sie nicht zwingend weiß sein müssen und wohl für jeden Geschmack eingefärbt sein können. Möglich, dass ein weißes Haus einen besseren Verkaufspreis auf dem Immobilienmarkt als ein anderes erzielen kann, wenn auch auf subtile Weise. In Weiß lassen sich Beschädigungen an der Fassade schwieriger verbergen. Risse werden ebenfalls leichter entdeckt.
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